Wanderung von Manorbier nach Bosherton

  • 9.50 Uhr: Start der Wanderung
  • 16:15 Uhr: Ankunft im St. Govan’s Inn in Bosherston
  • Kilometer / Höhenmeter / Schritte:
    16.6 km / Anstieg 607 m, Abstieg 623 m / 24.203 Schritte

Aus technischen Gründen konnten wir gestern keinen Bericht hochladen. Nachdem wir im Pub endlich eine funktionierende Steckdose gefunden hatten, stellte sich heraus, dass das Wifi in dem Laden nicht funktionierte. Heute beim Frühstück gab es die Erklärung: Es handelt sich bei dem Wifi um Satelliten-Internet. Mal geht es, mal geht es nicht. Und wenn es geht, dann ohnehin nur sehr langsam. Also gestern ging es ganz offensichtlich gar nicht, nicht mal langsam. Die Bedienung vom Frühstück sagte uns noch, dass sie für den Abend schauen wird, dass wir Internet bekommen. Total nett. Wir haben das Problem nun anderweitig lösen können. Bereits auf dem Zimmer haben wir alle Bilder hochgeladen (dort ist der Empfang für mein Handy am besten), so dass wir den Rest hier unten im Pub auch mit dem Handy managen können. Der Empfang unten ist sehr schlecht, aber für reinen Text reicht es gerade. Die Thekenbedienung kam aber trotzdem gerade zu uns und hat sich erkundigt, ob wir Internet haben oder noch Hilfe bräuchten. Wirklich absolut toller Service!

Mittwoch, 25. Mai 2022

Der Mittwoch begann für uns wie inzwischen jeder Tag: Aufstehen um 7 Uhr, Frühstück um 8 Uhr. Zumindest dachten wir das noch, als wir um 8 Uhr nach unten gingen – um dann festzustellen, dass Frühstück hier erst ab 8.30 Uhr serviert wird. Ok, das passte uns auch ganz gut in den Kram. Um keine bösen Überraschungen zu erleben, packten wir heute noch vor dem Frühstück unsere Koffer und behielten diesmal auch keine Dinge zurück, die wir dann in unserem Tagesgepäck mitnehmen mussten. Heute war mein Rucksack wirklich angenehm leicht, so wie sich das gehört. Die restliche Zeit bis halb neun verbrachte Katarina mit der Suche nach einer Tupperware Box. Nachdem sie felsenfest davon überzeugt war, dass diese Box nie wieder auftauchen wird, weil sie sie ganz sicher gestern am Strand liegenlassen hat, gingen wir nach unten zum essen. (Obwohl ich selber Profi bin, wenn es darum geht Dinge zu verlegen, stiessen meine Ratschläge und Tipps auf eher taube Ohren. Dabei kannte ich das Problem wirklich gut und bin selber ständig auf fremde Hilfe angewiesen. Ich war mir sehr sicher, dass die Box heute Abend als erstes auftaucht, wenn sie den Koffer öffnet.)

Bevor wir heute auf Tour gingen, musste wir noch einkaufen. Im Dörfchen gab es einen kleinen Laden, der so ziemlich alles anbot, was das Herz begehrte. Schnell fanden Sandwiches und Getränke in unseren Einkaufskorb. Äpfel hatten wir noch vom Vortag, also brauchte nur noch jede von uns eine kleine Tüte Chips und einen kleinen Milkybar. Chips gab es, Milkybars natürlich wieder nicht. Und selbst Milkybar Buttons (so was ähnliches, halt in rund) gab es nicht in den üblichen kleinen Packungen. Das erschreckte uns nur mässig. Mit den Worten „Ja nu, ist halt Pech“, nahm Katarina zwei der grösseren Tüten aus dem Regal und verstaute sie in unserem Einkaufskorb. Nun konnten wir zur Kasse.

Um 9.50 Uhr brachen wir zu unserer heutigen Wanderung auf. Unser Weg führte zunächst an den Strand, wo Katarina nochmals nach ihrer Tupperbox schaute, aber mit leeren Händen zurückkam. Nachdem wir kurz den tragischen Verlust der Box bedauerten, machten wir uns auf den Weg zum ersten Wegweiser. Schon am Vortag konnten wir von Weitem sehen, dass der heutige Tag mit einer Steigung beginnen sollte. Das Höhenprofil versprach ausserdem eine eher „abwechslungsreiche“ Wanderung. So richtig motiviert waren wir heute nicht. Es war kalt und uns pfiff der Wind um die Ohren. So stark, dass ich nach kurzer Zeit bereits ein Kopftuch aufsetzen musste, um nicht später mit Ohrenschmerzen zu kämpfen. Immerhin hatte es pünktlich um 8 Uhr aufgehört zu regnen. Der Himmel sah aber immer noch recht fies und grau aus. Schwer zu glauben, dass es heute am Nachmittag sonnig werden könnte.

Die erste Steigung war nicht so anstrengend wie erwartet und auch die Zweite hinterliess zwar brennende Beine, aber keine totale Erschöpfung. Inzwischen steckten uns die vergangenen zwei Tage ziemlich in den Knochen. Das merkten wir deutlich. Der Rücken schmerzte beiden etwas und überhaupt waren wir von „locker“ weit entfernt. Während geradeaus laufen kein Problem war, merkte ich jede noch so kleine Steigung bei jedem Schritt. Da fiel es schon schwer, daran zu glauben, dass man diesen Tag mit geplanten 15 km schadlos überstehen könnte. Es lief jedoch heute ziemlich gut und wir liessen Manorbier schnell hinter uns. Obwohl es auf und ab ging, hielt sich das Elend in Grenzen. Ich merkte sogar, dass ich trainierter war als noch am ersten Tag. Der Anfang einer jeden Steigung ging locker. Ich war im perfekten Tempo um dann 5-10 m später festzustellen: „Scheisse, ist doch nix!“. Jede Steigung endete jedoch vor der völligen Erschöpfung, so dass wir uns jedes Mal sagten „Ach, das ging gerade noch!“ Unsere Kilometerzeiten spiegelten das auch wider. Obwohl wir zeitweise gefühlt 0.1 km pro Stunde zurücklegten, waren wir deutlich schneller. Das baute echt auf.

Da es so gut lief und auch der Himmel langsam aufriss, entschieden wir uns die erste Pause irgendwann gegen 13 Uhr zu machen. Und mindestens 8 km wollten wir bis dahin zurückgelegt haben. Die Hälfte musste bei der ersten Pause geschafft sein, sonst war die Gefahr gross, dass wir keine Lust mehr hatten überhaupt aufzustehen. Und so tippelten wir, teils fröhlich und teils schnaufend, immer auf dem vorgegebenen Küstenpfad. Rauf und runter ging es, aber noch ok. Es wurde 13 Uhr und es waren schon 9 km geschafft. Aber das immer gleiche Problem tauchte auf: wir fanden keine Bank! Tapfer stapften wir weiter. Unterwegs trafen wir oft andere Wanderer. Im Gegensatz zu uns, sahen die meistens recht frisch und munter aus. Egal welchen Alters. Als ich einmal nach einer Anhöhe zu Katarina stiess, unterhielt sie sich gerade mit einem älteren Mann und seiner Frau. Ich hörte noch wie beide erklärten, dass sie einfach den Tag entspannt angingen und die Sonne und die Landschaft geniessen würden. Lässig auf ihren Wanderstock gelehnt erwiderte Katarina: „Ja, wir auch“ und ich fragte mich, ob die Zwei das so wirklich glaubten. Ich meine, mit hochroten Köpfen und völlig verschwitzt, wirkten wir alles andere als entspannt und totalem Genuss. Zumindest waren sie ein kleines bisschen beeindruckt von der Strecke die wir zurücklegen wollten. Das war ja auch schon was. Hätte das nicht gereicht, hätte ich gerufen „Ich bin krank, ich habe Krebs!“ Mitleid geht immer, aber das war in diesem Fall nicht nötig. Sie warnten uns noch vor den nächsten Kilometern. Die würden einige Auf und Abs bringen. Oh ha. Das machte mir Angst. Nicht falsch verstehen! Mir macht das Wandern durchaus Spass. Ich wandere gerne und die Landschaft macht mir riesige Freude. Aber ich gehöre einfach nicht zu den Menschen, deren Ehrgeiz geweckt wird, wenn es anstrengend wird. Ich kämpfe mich nicht den letzten Hügel hoch und erfreue mich, wenn ich völlig erschöpft oben stehe und mir sagen kann „Geschafft!“. So funktioniert mein Körper nicht, und jede/r die/der mich kennt, weiss das auch. Das war schon immer so. Wenn es für mich streng wird, höre ich auch Stimmen. Aber die sagen nicht „Hey, weiter – du machst das klasse!“. Nein, meine Stimmen sind da anders. Die fragen „Was machst du hier eigentlich? Und WARUM????“. Ja, was soll ich da sagen? „Weil’s Spass macht“, erscheint mir in diesen Momenten irgendwie nie passend…

Nach ziemlich genau 11 km fanden wir eine Sitzgelegenheit und konnten endlich unsere wohlverdiente Pause machen. Die hatten wir bitter nötig. Froh, endlich sitzen zu können, sanken wir um 13.40 Uhr auf die am Wegesrand stehende Bank-Tisch-Kombination und lehnten uns zurück. Inzwischen war der Himmel blau und ich merkte, dass es ein Fehler war, dass ich mich am morgen nicht eingecremt hatte. Schnell holte ich das nach. Danach konnte ich endlich etwas essen und genoss den Anblick von zwei Männern, die mit der Pflege des Wanderweges beschäftigt waren und den Rasen mähten. Die Lautstärke der Gerätschaften waren mir dabei ziemlich egal! Mir imponierte aber enorm, mit welcher Leichtigkeit sie sich den fiesen Weg vorwärts arbeiteten.

Unsere Pause war nicht so wahnsinnig lang. Schliesslich wollten wir heute noch ankommen. Da unsere Unterkunft eher etwas abseits des Weges war, hatten wir noch geplant ca. 6 km vor uns. Die Wegführung wurde nicht interessanter. Vielmehr ging es nur noch über weitläufige Rasenflächen und inzwischen hatten wir sogar Gegenwind. Das waren zwei ernstzunehmende Zeichen eine erste Abkürzung einzubauen! Statt also jede Spitze einer Klippe zu erwandern, schnippelten wir den Weg einfach ein wenig ab. Das machte nicht viel aus, aber für das gute Gefühl reichte es. Um 16.15 Uhr erreichten wir unsere Unterkunft in Bosherston. Erschöpft und froh, dass Ziel erreicht zu haben, bezogen wir unser kleines, hübsches Zimmer und das Erste was Katarina nach dem Öffnen des Koffers in die Hände fiel… na was wohl? Eine kleine Tupperbox!

Donnerstag, 26. Mai 2022

Der Tag war klasse, denn uns war schon gestern Abend klar, dass wir heute nicht wandern, sondern mit dem Bus nach Pembroke fahren würden. Waaas? Werdet ihr jetzt sagen. Aber beruhigt euch, wir hatten einen guten Grund: an Katarinas rechtem Schuh verabschiedete sich die Sohle! Das Ganze hielt zwar auch am Mittwoch den ganzen Tag (vom Flip-Flop Geräusch bei jedem Schritt mal abgesehen), aber noch zwei bzw. drei Wandertage würde das nicht mehr funktionieren. Da musste was passieren. Das war der Hauptgrund. Es gab auch noch eine ganze Latte an Nebengründen, warum wir diesen Tag in Pembroke verbringen mussten, aber die fallen mir jetzt schon nicht mehr ein. Auf jeden Fall war der Punkt, dass wir hier in der Nähe eines Militärgebietes waren und ja vielleicht heute SCHIESSÜBUNGEN stattfanden, die uns eine Wanderung (leider) verunmöglicht hätten, ein ziemlich wichtiger Punkt!!

Dem Busfahrplan konnten wir entnehmen, dass der Bus nach Pembroke um 10.52 Uhr fuhr. Oder um 11.02 Uhr. Je nachdem, wo man schaute. Sicherheitshalber gingen wir schon um 10.45 Uhr zu der nahegelegenen Haltestelle. Diese befand sich direkt am Parkplatz zu den Seerosenteichen, die hier anscheinend das Spannendste waren, was die nähere Umgebung zu bieten hatte. Um 10.50 Uhr kam der kleine Bus und wir stiegen ein. Noch war er leer. Wir fuhren ein kurzes Stück und der Bus machte kehrt, um nur 10 Minuten später wieder an der Haltestelle zu sein. Damit war das Rätsel um den bekloppten Fahrplan auch gelöst. Die Fahrt in das nur 5 Meilen entfernte Pembroke dauerte dann noch eine geschlagene Stunde. Der Busfahrer war sehr nett und beherrschte sein Gefährt. Flott und vorausschauend fuhr er durch Feld und Wiese. Und immer musste er entgegenkommenden Fahrzeugen ausweichen. Was jetzt schon lästig war, sei im Sommer die Hölle, erklärte er uns. Wer hier mit dem Auto unterwegs war, dem war der Lack völlig egal. Immer wieder schrabbte der Bus an Sträuchern und Büschen vorbei. Anders war ein Vorwärtskommen nicht möglich. Pembroke ist wirklich keine Reise wert. Da ist ausser einem grossen Tesco Supermarkt, einer Menge Brockenhäusern und einem Rote Kreuz Kleiderladen einfach nichts. Früher war zumindest der Hafen noch ein gut besuchter Ort, aber seit dem Brexit gingen die Waren aus Irland nicht mehr durch Grossbritannien, sondern die Schiffe umfuhren das Land und legten direkt am Festland in Frankreich, Belgien oder Holland an. Der Weg war damit für die Waren natürlich deutlich länger, aber nicht so umständlich und teuer. Viele Geschäfte sind geschlossen, Restaurants haben kein Personal, Pandemie und Brexit haben hier voll zugeschlagen. Traurig. Immerhin konnten wir im Tesco einige unterschiedliche Sorten Kleber kaufen, mit denen Katarina ihre Sohlen kleben wollte. Wir waren sehr froh, überhaupt einen Kleber – der sogar für Schuhe gedacht war – zu ergattern. Für den Notfall haben wir auch noch dünnes Klebeband gekauft. Ob das alles überhaupt hält, werden wir morgen sehen. Vielleicht hält es auch einfach so gut, dass wir die Schuhe nicht mehr vom Teppich auf dem sie stehen, losbekommen. Oder vom Bett. Das hat Katarina auf die Schuhe gestellt, damit die Klebeteile zusammengedrückt werden. Ich hoffe, wir müssen morgen weder Teppich noch Bett mitnehmen…

Da Pembroke nicht der Ort war, an dem man gerne noch bleiben wollte, fuhren wir um 14.45 Uhr mit dem letzten! Bus nach Bosherston zurück. Der Fahrer sah uns schon an der Haltestelle stehen und winkte uns zu, als er vorfuhr. Man kannte sich hier! Er wusste auch noch genau, wo wir wieder aussteigen wollten und setzte uns passend ab. Wir waren froh, als wir unser Zimmer betraten. Wärme empfing uns. Im Bus war es saukalt. Wir sind in Grossbritannien, da friert niemand, ausser uns Touristen. Der Anblick von Einheimischen in kurzer Hose, Sandalen und einem leichten Pullover, machte es uns nicht leichter.

Morgen gehen wir wieder tippeln! Ganz sicher. Ein Taxi holt uns hier ab und bringt uns an den Ort, zu dem wir heute gewandert wären. Und dann liegen 19.8 km vor uns.

Bis morgen und Gruss
Katarina und Anja