Route: Wanderung von Cowes nach Yarmouth
Entfernung: geplant 26.9 km
Übernachtung: Jireh House, Yarmouth


Eine echte Herausforderung

6.30 Uhr: der Wecker klingelte. Wir waren topfit, die körperliche Verfassung nach einer langen Nacht im Tiefschlaf (noch) perfekt. Bereits um 7.30 Uhr sassen wir beim Frühstück. Das Frühstück war super! Cerealien, Joghurt, Beeren, Porridge, Lachs mit Rührei… richtig toll. Der Kaffee zwar etwas dünn, aber das kannten wir ja schon aus den anderen Aufenthalten hier in Grossbritannien. Das können sie halt einfach nicht. Allzu lange sassen wir nicht, denn unser Ziel zeitig loszulaufen hatten wir noch immer vor Augen. 

Bevor wir das B&B verliessen, habe ich kurz die Wanderkarte studiert: „du, Katarina, da hinten ist eine Stelle an der wir abkürzen können“ – „Nein, Anja, wir laufen die ganze Strecke!“ – „OK“[Ich steckte die Karte wieder ein … und nahm mir vor das noch mal anzusprechen, wenn wir die Stelle erreicht haben!] 

Wir waren zeitlich absolut in unserem Plan. Um 9 Uhr hatten wir bereits unsere Einkäufe für den Tag erledigt, unser Essen in den Rucksäcken verstaut und marschierten los. Das Wetter war super und die Laune dementsprechend. Ausserdem hatte uns Paula ja Gestern gesagt, dass uns heute ein schöner Küstenweg erwartet. 

Schon nach 1 km konnten wir das Meer sehen. Noch liefen wir auf der Strasse, aber das sollte sich ja bald ändern. Der Blick auf das Wasser war auf jeden Fall schon mal ein echter Vorteil gegenüber Gestern und liess unsere Laune steigen. Es folgte eine sehr schöne Promenade, an der wir eine ganze Weile entlangliefen. Schon die letzten beiden Tage sahen wir schöne alte Autos. Offensichtlich war irgendwo eine Veranstaltung oder Ausfahrt geplant. Auch auf diesem Abschnitt fuhren einige von ihnen rum und liessen sich gerne von uns fotografieren. 

Nach ungefähr 4 km bogen wir in einen schönen – nicht befestigten – Weg ein. Genau so einen Weg, wie wir ihn von anderen Wanderungen kannten und wollten. Es lief sich gleich viel besser, wenn man über Gras, Sand und vereinzelte Steine ging und nicht auf Asphalt. Paula hatte nicht übertrieben, es war toll!

Nach weiteren 5 km fand unser gerade erst gefundenes Glück ein jähes Ende: Strasse! Richtige Strasse mit Asphalt und wir sollten ihr lange folgen müssen. Was war hier los? Ist Paula nie weiter rausgekommen? Kannte sie wirklich nur ihr Haus und 10 km im Umkreis? Oder hatte sie uns belogen? Es half nichts, wir mussten wieder auf der Strasse laufen. Es dauerte nicht lange und wir spürten es auch sehr an den Füssen. Sie fingen an zu schmerzen. Das hielt man nicht lange aus. Nach einigen Kilometern suchten wir eine Bank für unser Mittagessen. Es war schon fast 13 Uhr und so passte eine Pause ganz gut in den Plan.

Wie sollte es anders sein? Wir fanden keine! Mit schmerzenden Füssen tippelten wir – inzwischen nicht mehr so munter – weiter. Dann sahen wir eine Kirche! Katarina schlussfolgert blitzschnell: „Kirche – Friedhof – Park – Bänke“ und marschierte fröhlich auf den Friedhof. „Äh, Katarina, das ist ein Friedhof!“ – „Ja und? In Slowenien ist das völlig normal, dass man auf einem Friedhof sitzen und picknicken kann“ – „Aber, wir sind hier nicht in Slowenien….“. Unbeirrt ging sie weiter und ich trabte brav hinterher. Wir fanden eine Bank und nahmen auf ihr Platz. Endlich sitzen – Friedhof hin oder her! Sonst assen wir immer auf Bänken, die Angehörige für ihre Verstorbenen an einem besonders schönen Ort mit Aussicht aufgestellt hatten. Jetzt sassen wir halt direkt neben Phoebe …. (gest. 1989). Es war übrigens ein sehr schöner Friedhof, die meisten Gräber waren uralt!

Das Ziel war noch weit und wir konnten nicht Ewigkeiten verweilen. Um 13.30 Uhr machten wir uns wieder auf den Weg – auf der Strasse. Toll! Die Pause hat gut getan, aber das lange Stück Asphalt vorher hat uns den Schnitt versaut. Schon nach kurzer Zeit machten sich unsere Füsse wieder bemerkbar. Das war der Moment wo die Abkürzung wieder ins Spiel kam!

Wir schauten uns die Wanderkarte erneut an! „Hm, man könnte ja einfach geradeaus gehen, statt da im Kreis zu laufen“ sagte Katarina. „Ja, das könnte man!“ [klitzekleine Denkpause!] Katarina entschied „Ich ziehe den Joker, wir kürzen ab!“ – „Na bitte, geht doch!“. Glücklich uns 2 km sparen zu können, bogen wir nicht in den geplanten Weg ab, sondern gingen einfach geradeaus weiter. Nach ca. 1 km kamen wir automatisch wieder auf den Coastal Path.

Inzwischen waren wir 21 km gelaufen (davon 10 auf Asphalt) und hatten die Schnauze voll. Die Füsse schmerzten fürchterlich und es machte keinen Spass mehr. Obwohl der Weg inzwischen wechselhaft war, gab es immer wieder lange Teilstücke die uns auf der Strasse laufen liessen.

Irgendwann zwischendurch habe ich meine Wanderstöcke gerüstet. Der Plan war, mich mit dem hantieren mit den Stöcken abzulenken, damit ich nicht mehr an die Füsse denke. Es hat tatsächlich funktioniert, ich fühlte mich schnell so leicht wie eine Feder und merkte die Füsse nicht mehr. (Nach einiger Zeit verpuffte die Wirkung jedoch und ich fühlte mich wieder wie eine fast 90 kg „leichte“ Feder der die Füsse schmerzen )

Um 16.36 Uhr erreichten wir nach fast 25 km unsere Unterkunft in Yarmouth – wir waren platt!

Jetzt sitzen wir frisch geduscht bei Bier und Cider in einem Pub. Morgen ist wieder so ein langer Tag. Frühstück gibt es leider nicht ganz so früh. Mit ein wenig Verhandlung konnten wir 8.30 Uhr rausschlagen. Aber ganz ehrlich, ob wir Morgen nochmal so eine Strecke schaffen, glaube ich eher nicht.

Erschöpfte Grüsse und bis Morgen

Katarina + Anja

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